Imkern in Ostheim

Im Waldbadviertel gleich hinter dem Bertha-Benz-Karree liegt ein ländliches Idyll mitten in der Stadt. Hier laden zahlreiche Natur- und Erlebnisflächen zum Entdecken, Mitmachen und Lernen ein. Neben dem „Grünen Klassenzimmer“ und einem unserer GartenClubs – naturpädagogische Angebote mit unserem Kooperationspartner Querwaldein e. V. – stehen hier auch die Bienenstöcke der hiesigen Imkergruppe.

Wer sich mit Google Maps orientiert, findet auch gleich den passenden Eintrag: „Imker Honiggruppe Ostheimer Gold“. Und, soviel sei schon einmal verraten, der hier hergestellte naturreine Honig hat seinen Namen nicht nur farblich, sondern vor allem geschmacklich mehr als verdient.

Foto: Costa Belibasakis

Ein Mehrwert für Ostheim und die Welt

Dabei ist das Ostheimer Gold der süße Lohn eines ökologisch wertvollen Ansatzes zum Erhalt und zur Förderung der Bienenpopulation, die durch Pestizide, Klimawandel und Lebensraumverlust zunehmend gefährdet ist. Die Hobby-Imker aus dem Waldbadviertel leisten deshalb bereits seit 2018 einen wesentlichen Beitrag zum Artenschutz und stellen sicher, dass die Bienen als wichtige Bestäuber erhalten bleiben.

Zwei der ehrenamtlichen Imker aus dem Veedel, Stefan und Jens, verraten uns im Gespräch, was ihr Engagement auszeichnet und warum sie ihre Arbeit noch so lange wie möglich fortführen wollen. Mit der im Interview deutlich gewordenen Leidenschaft, der Begeisterung für Bienen und dem fundierten Wissen der beiden Pensionäre stehen dem Imkerprojekt in Ostheim wahrlich „goldene“ Zeiten bevor. 

Honigernte vor der Haustür

GAG: Wie hat sich die Gruppe gefunden?

Jens: Wir sind 2017 in das damals neu errichtete Waldbadviertel gezogen. Da gab es seitens der GAG eine Bekanntmachung, dass man engagierte Mieterinnen und Mieter suchte, die an einem lokalen Imkerprojekt Interesse haben. Daraufhin hielt ein routinierter Kölner Imker einen einführenden Vortrag in die Kunst der Imkerei, und am Ende stand unsere erste Gruppe aus einem guten Dutzend Leuten hier aus der Nachbarschaft.

GAG: Und wie viele seid Ihr heute?

Jens: Aktuell hat sich unsere Gruppe etwas verkleinert, weil das Imkern ganzjährig Zeit in Anspruch nimmt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht immer aufbringen können. Manche kommen und gehen, andere bleiben. Aber bisher können wir das Projekt seit sieben Jahren fortführen. Trotzdem haben wir für die Suche nach bienenbegeisterten Helferinnen und Helfern mit Unterstützung der GAG Flyer drucken lassen und ein Schild aufgestellt. Mit vielen Besuchenden der naturnahen Grünflächen kommen wir auch direkt ins Gespräch und können so auf unser Projekt aufmerksam machen.

Stefan: Die meisten Interessierten kamen zunächst aus unserem Verein, dem Lebensräume in Balance e. V. Wir sind ein Mehrgenerationenhaus hier im GAG Waldbadviertel und unterstützen das nachbarschaftliche Miteinander, indem wir uns für lokale Initiativen wie unser Imkerprojekt engagieren. Mittlerweile machen aber auch andere Menschen mit, wie zum Beispiel Tarek, der ursprünglich aus Syrien kommt und ganz viel Wissen über das Imkern mitgebracht hat. Außerdem haben wir einen professionellen Imker-Paten, der uns regelmäßig unterstützt, begleitet und auch neue Leute anleiten kann.

GAG: Wie verteilt Ihr die Verantwortungen? Macht jeder eine spezielle Sache oder packen alle an, wo Hilfe benötigt wird?

Jens: Wir haben zwar eine Aufgabenteilung, aber eigentlich macht jeder alles. Wichtig bei der Arbeit mit den Bienen ist, dass man ganz ruhig und entspannt bleibt. Das ist eine grundlegende Eigenschaft, die jeder mitbringen sollte, weil die Bienen Aufregung spüren. Und man muss sich über seine Verantwortung klar werden, um möglichst richtige Entscheidungen zu treffen. Sonst riskiert man, ein Volk zu verlieren. Das kann leider vorkommen und ist uns auch schon passiert. Da weiß auch der Profi nicht immer, woran es gelegen haben könnte, und man steht vor einem Rätsel.

Stefan: Trotzdem muss sich natürlich in erster Linie immer die Imkerin bzw. der Imker fragen, ob alles richtig gemacht wurde. Deshalb geht es in solchen Fällen auf Ursachenforschung – in Frage kommen Krankheiten und Parasiten, Futterknappheit, schlechte Umweltbedingungen, Probleme mit der Königin oder auch Räubervölker. Ganz eindeutig ist das schwer festzumachen. Was wir sicherstellen müssen, ist die sachgemäße Pflege bei der Imkerei. Und dafür sind wir alle gleichermaßen verantwortlich.

GAG: Wieviel Bienenvölker habt Ihr aktuell?

Jens: Momentan haben wir fünf Völker und sind gerade dabei, wieder neue Völker aufzubauen, indem wir stark entwickelte Populationen teilen, um die Bienen in der frischen Beute (die künstlich geschaffene Behausung für Honigbienen) eine neue Königin anziehen zu lassen. Das ist ein faszinierender Prozess. Die Königin ist das Herzstück eines Bienenvolkes. Ihr Nachwuchs beeinflusst die Vitalität und Produktivität des gesamten Volkes.

 

Ein Tag ohne Honig ist ein verlorener Tag

GAG: Was motiviert Euch? Woher kommt diese Leidenschaft für das Imkern?

Jens: Ich wollte das Imkern erlernen, um die Natur und unsere Pflanzenwelt, die auf Bestäubung durch Bienen angewiesen ist, zu unterstützen.

Stefan: Ich bin bekennender Honigliebhaber. Ein Tag ohne Honig ist ein verlorener Tag. Wenn man weiß, welche Arbeit hinter dem „eigenen“ Honig steckt, schmeckt er gleich dreimal so gut! Und durch die abwechslungsreiche Blüten- und Pflanzenvielfalt hier im Waldbadviertel auch immer einzigartig mit unterschiedlichen Nuancen.  

GAG: Wie unterstützt Euch das Sozialmanagement der GAG vor Ort, etwa in Hinblick auf Materialien und Infrastruktur?

Jens: Zum Start sind wir in den Baumarkt gefahren, haben Bretter besorgt und Pfosten auf die Wiese eingeschlagen. Wie es der Zufall wollte, kam es damals zur Auflösung einer Imkergruppe in Müngersdorf. Über unseren damaligen Imker-Paten haben wir das ganze Material von dieser Gruppe übernehmen können. So mussten wir im Grunde nur noch Futter kaufen und einige Kleinigkeiten ergänzen. Die Einkäufe haben wir von der GAG erstattet bekommen. Und um die Fläche bzw. die städtische Genehmigung zum Aufstellen unserer Bienenkörbe hat sich die GAG für uns eingesetzt.

Stefan: Außerdem haben wir von der GAG einen Raum innerhalb der Siedlung gestellt bekommen, in dem wir unseren Honig verarbeiten können. Dazu hat man uns eine Honigschleuder besorgt und wir können das Material, das wir für die Honigproduktion brauchen, mit der GAG abrechnen.

Teamwork auf allen Ebenen

GAG: Welche Wirkung hat Euer Projekt auf das nachbarschaftliche Miteinander?

Stefan: Wenn wir draußen arbeiten, werden wir fast immer angesprochen. Die Menschen sind interessiert und haben viele Fragen, die wir gerne beantworten. Überhaupt betreiben wir sehr viel Aufklärung und Vorsorge. Wir erklären, sich nur langsam dem Stand zu nähern, ruhig zu bleiben, nicht nach Bienen zu schlagen, und haben Schilder aufgestellt, die auf eine mögliche Stechgefahr hinweisen. Schön ist es auch immer, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die uns ihre eigenen Bienengeschichten erzählen, in denen schon der Opa oder Papa geimkert hat. So kam auch Tarek zu uns, dessen Bruder in Syrien stark mit der Imkerei und den Bienen verbunden ist.

Jens: Tarek hat aus seinem Heimatland so viel Wissen mitgebracht, das wir fantastisch mit unseren in Deutschland tradierten Imkerkenntnissen verbinden können.

Stefan: Und er hat einen versierten Blick, mit dem er schnell die Königin finden kann. Das ist enorm wichtig, weil die Königin eines Volkes gekennzeichnet werden sollte, um sie schneller wiederzufinden und ihre Vitalität überwachen zu können.

Jens: Die Bienen und unsere Arbeit mit den Tieren bringen Menschen also durchaus zusammen. Dabei sind auch Aufklärung und Sensibilisierung sehr wichtig. So haben wir z. B. auch auf dem jährlich stattfindenden Waldbadfest einen Stand, an dem wir Besuchenden mehr über die Bienen und unsere Arbeit erzählen.

GAG: Betreibt Ihr solche Formen der Aufklärung und Umweltbildung auch speziell für Kinder?

Jens: Neben der evangelischen Kirchengemeinde, für die wir auf dem Weihnachtsmarkt Vorträge halten durften, wurden wir auch schon von KiTas kontaktiert und haben dann nicht unweit des Bienenstands eine kleine Einführung in die Bienenkunde gegeben. Aus wie vielen Bienen besteht ein Volk? Warum ist die Biene so wichtig? Wie wird sie geboren? Wie lange lebt eine Biene? Wie weit kann sie fliegen? Wie viele Pollen kann sie tragen? Dann dürfen die Kinder natürlich auch mal selbst in eine Beute reinschauen. Dafür haben wir spezielle Schutzanzüge für Kinder und Jugendliche.

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Kleine Bienenkunde

Ein Bienenvolk kann je nach Jahreszeit und Stärke zwischen 10.000 und 60.000 Bienen umfassen. Bienen sind essenziell für die Bestäubung von Pflanzen und sichern damit die Vielfalt und Erträge in der Landwirtschaft. Eine Biene wird aus einem Ei geboren, das die Königin legt; je nach Ernährung entwickelt sie sich zur Arbeiterin, Drohne (männliche Biene) oder Königin. Die Lebensdauer einer Arbeiterbiene beträgt 4 bis 6 Wochen im Sommer und die der Winterbiene bis zu 6 Monate; eine Königin kann dagegen mehrere Jahre leben. Eine Biene kann pro Tag mehrere Kilometer zurücklegen, und einige Arten fliegen bis zu 10 km weit auf der Suche nach Nahrung. Beim Sammeln trägt eine Biene bis zu 50 mg Pollen in speziellen Körbchen an ihren Hinterbeinen.
 

Honig für die Nachbarschaft

GAG: Kommen wir zum leckeren Teil. Wie kommt das Ostheimer Gold bei den Leuten an?

Stefan: Sehr gut. Und bei mir sowieso. Schließlich haben wir auch einen bestimmten Anteil an Eigenbedarf. Das ist kein Vergleich mit dem Standardhonig, der teilweise im Supermarkt angeboten wird. Bei uns gibt es reinen Honig ohne Zusätze! Einige Gläser gehen gegen einen Obolus an die Nachbarschaft, andere werden durch die GAG – zum Beispiel zu Weihnachten – an soziale Einrichtungen verteilt. Einmal sind da über 700 Gläser à 55 Gramm zusammengekommen, die wir überreichen konnten.

GAG: Wie ergiebig ist denn so eine Honigernte aus Ostheim?

Jens: Eine Beute, also ein Volk, kann unter den lokalen Bedingungen hier auf der Wiese zwischen 20 und 35 kg Honig erwirtschaften. Allerdings muss man bedenken, dass noch junge Völker, die zuerst eine neue Königin aufziehen, im Gegensatz zu den sogenannten Bestandsvölkern, den produzierten Honig für sich selbst brauchen. Insgesamt ist die Menge des gewonnenen Honigs von vielen Faktoren abhängig, nicht zuletzt z. B. auch von den Wetterbedingungen.

Stefan: Unsere beste Ernte lag einmal bei etwa 160 kg.

Jens: Aber auch 160 kg sind schnell weg. Zumal wir im Frühjahr bzw. Sommer zwar immer noch viele Honiganfragen haben, es aber noch keinen neuen Honig gibt. Die neue Ernte muss erst eingebracht, geschleudert, in Gläser eingefüllt und etikettiert werden.

GAG: Jetzt mal Butter bei die Fische. Wieviel Arbeit steckt in diesen 160 kg?

Stephan: Wir sind als Imker das ganze Jahr über beschäftigt. Ab dem Frühjahr draußen am Bienenstock und im Winter im Keller. Ab März erwachen die Bienenvölker aus ihrer Winterruhe, da kontrollieren wir die Populationsstärke, die Futtervorräte und schaffen gegebenenfalls Platz für wachsende Völker. Zwischen Juli und Oktober ist die Hauptzeit der Honigernte für uns Imker. Danach müssen wir ganz besonders auf die Gesundheit der Bienen achten – insbesondere zum Schutz vor Parasiten wie der Varroa-Milbe, die eine der großen Bedrohungen für die Bienen darstellt. Im Herbst wird dann der geerntete Honig gerührt und abgefüllt. Direkt nach der Honigentnahme bereiten wir die Bienen auf den Winter vor, geben Maissirup als Winterfutter in die Beuten und kümmern uns bis etwa Februar um die Materialpflege sowie die Planung der kommenden Saison.

GAG: Welche Tätigkeit beim Imkern macht Euch am meisten Spaß?

Jens: Die Arbeit an den Bienen selbst, die Waben herausnehmen und kontrollieren, schauen, was ich tun muss, damit es den Bienen gut geht, damit sich das Volk entwickeln und leben kann. Das ist für mich das Schönste am Imkern.

Stefan: Die Arbeit draußen bei gutem Wetter bereitet schon viel Freude. Den meisten Spaß habe ich allerdings beim Honigessen. Wir sind sehr stolz auf unser eigenes Erzeugnis.

Jens: Und wir wollen noch so lange wie möglich weitermachen! Deshalb freuen wir uns, wenn neue Menschen zu uns finden, die gerne die Arbeit und die Begeisterung für Bienen mit uns gemeinschaftlich teilen möchten.

GAG: Danke für das Interview! Und viel Erfolg für diese und alle kommenden Saisons.

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