Chorkonzert
Deutsch-türkischer Einklang — Frühlingskonzert von Boğaziçi und ChorImTakt

Dass Deutsche und Türken ganz wunderbar miteinander harmonieren können, stellten bei ihrem Frühlingskonzert die beiden Kölner Chöre Boğaziçi und ChorImTakt eindrucksvoll unter Beweis.
Die Türken und die Deutschen, das wird man feststellen dürfen, tun sich zurzeit ein wenig schwer miteinander – zumindest auf hoher bilateraler Ebene. „Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht“, sagte Monika Seyhan, die Initiatorin des Frühlingskonzerts in der Kulturkirche Ost. Sie muss es wissen. Seit mehr als 45 Jahren ist die gebürtige Kölnerin mit dem türkischen Musiker Mustafa Seyhan verheiratet. Das Leben in einer deutsch-türkischen Großfamilie hat sie in mehren Erzählbänden verarbeitet (unter anderem in „Blauäugig“, erschienen 2009), die sie bereits in der Kulturkirche Ost vorstellte.
Darum ging es an diesem Samstagabend im April 2016 allerdings nur am Rande. Unter der Anleitung Mustafa Seyhans und Simon Rummels hatten vielmehr die beiden Chöre Boğaziçi und ChorImTakt, beide ansässig in Köln-Höhenhaus, für ein deutsch-türkisches Frühlingskonzert zusammengefunden. Unter dem Motto „Lale devri – Tulpenzeit“ setzten sie den aktuellen Dissonanzen zwischen den Staatsoberhäuptern ein harmonisches Konzertprogramm entgegen. Deutsche Volkslieder und traditionelle türkische Musik in einem christlichen Gotteshaus – das ist ein echtes Statement in diesen Tagen: für Toleranz, Nächstenliebe und Menschlichkeit.
Kultureller Reichtum
„An der Seite meines Mannes habe ich die Liebe zur türkischen Musik entdeckt“, sagte Monika Seyhan, und vielen Zuhörern in der gut besuchten Kulturkirche Ost dürfte es ähnlich ergangen sein. Der Wechsel zwischen den Liedern – von „Erdi bahar“ zu „Komm lieber Mai“, von „Fener“ (eine herzzerreißend traurige Ballade aus dem Film „Gegen die Wand„) zu „Entflieh mit mir“ – veranschaulichte die Unterschiede zwischen den musikalischen Traditionen ebenso wie den kulturellen Reichtum einer Gesellschaft, in der solch unterschiedliche Traditionen gemeinsam gepflegt werden können.
Besonders augen-, pardon, ohrenfällig wird das beim Sologesang, der in der türkischen Musik eine ganz andere Bedeutung hat als in der deutschen. Während hierzulande Solosänger eine herausgehobene Stellung einnehmen, darf im türkischen Chor (fast) jeder mal ran, der mag und sich traut. Diese Praxis gibt den für mitteleuropäische Ohren recht monotonalen Liedern eine ganz besondere, individuelle und immer wieder wechselnde Farbe und Spannung. Klanglicher Reichtum lässt sich eben nicht nur aus Harmonien schöpfen.
„Ich wünsche mir tosenden Applaus“, hatte Anja Pendzialek vom Sozialmanagement der GAG, der Gastgeberin des Abends, zu Beginn des Konzerts gesagt – und den bekamen die Sänger und Musiker. Zu „Erdi bahar“ sangen, spielten und klatschten die Chöre, die Musiker des kleinen Orchesters (u.a. mit Kanun, Ud und Geige) und die Zuhörer gemeinsam im Takt. Deutsch-türkischer Einklang – was für ein Wunder in der Kulturkirche Ost!
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