Ausstellung
Gestern, Heute, Morgen in Balance — Chinesische Avantgarde

Hong Lei gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der zeitgenössischen Avantgarde Chinas. Dennoch war er sich nicht zu schade, knapp 8.000 Kilometer Anreise auf sich zu nehmen, um seine Ausstellung „Inszenierte Wirklichkeit“ in der Kulturkirche Ost persönlich zu eröffnen.
Das gibt’s nicht einmal in der Kunstmetropole Köln alle Tage: Einer der international renommiertesten Künstler aus dem Reich der Mitte gibt sich die Ehre. „Reich der Mitte“, das stimmt auch für die Position, die Hong Lei in der politischen und gesellschaftlichen Kunstlandschaft des Riesenreichs einnimmt. „Ein Künstler in einem dauernden Zustand des Dazwischen“, so beschrieb Kunstexperte Gérard A. Goodrow, ehemaliger Leiter der Art Cologne, Hong Lei und seine Arbeit.
Die zahlreichen Besucher konnten sich davon selbst ein Bild machen. Die hochformatigen Kunstwerke – im Stil von Wandteppichen gefertigt – vereinten traditionelle Muster und zeitgenössischen Kunstformen wie die Fotografie. „Das Entscheidende an diesen Bildern ist nicht das offensichtlich Dargestellte, sondern die Leere darin“, sagte René Böll, einer der Teilnehmer der illustren Disskussionsrunde, die die Kölner Kulturjournalistin und Galeristin Claudia Cosmo moderierte.
Kunst als Kommentar
Dabei nahm Hong Lei selbst ausführlich Stellung zu seiner Arbeit. „Ich halte die Fotografie immer noch für das Medium unserer Zeit“, sagte er. „In ihr kann ich meine Gedanken am besten umsetzen.“ Er sieht sich dabei in der Jahrtausende-alten chinesischen Tradition der Landschaftsmalerei. „So eine Tradition gibt es nirgendwo sonst.“
Viele Künstler nutzten diese spezielle Kunstform in der Vergangenheit als Rückzugsraum von den Zwängen des herrschenden Systems. Hong Lei hingegen sieht in seinen Werken, die westliche Strömungen wie Minimal Art und serielle Kunst mit aufnehmen, immer auch einen Kommentar zu Gegenwart und Zukunft: „Ich habe einen Blick auf das Kommende, der nicht unbedingt mit den offiziellen Zielen unseres Land übereinstimmt“, sagte er, stellte aber klar: „Es ist nicht so, dass ich die starken Veränderungen in unserem Land grundsätzlich hasse. Aber ich bedaure sehr, dass so viele Erinnerungen verloren gehen.“
Eine Einschätzung, die China-Kenner René Böll bestätigte: „Als ich das erste Mal nach China kam, war ich geschockt. Das Land ist viel moderner als Europa. In Peking zum Beispiel sind ganz Stadtviertel abgerissen und neu aufgebaut worden. Da ist nichts übrig geblieben.“ Dennoch gehe es den Künstlern dort im Allgemeinen nicht darum, die „gute alte Zeit“ zu verklären, betonte Goodrow. „Die leben voll im Hier und Jetzt. Die Computerkunst beispielsweise ist dort viel weiter als bei uns und bringt unglaubliche Werke hervor.“
Parallel-Ausstellung in Kürten
Thomas Täubner, der für Hong Lei dolmetschte, warb für die fast zeitgleich laufende Ausstellung in der Galerie T des Chinaforums in Kürten. „Kommen sie zu uns! Zu sehen ist dort eine Kunst, die auf den ersten Blick traditionell wirkt, aber ganz aus der Gegenwart ist.“
Die Werke Hong Leis in Kürten sind noch bis 27. Oktober zu sehen, die Ausstellung in Köln-Buchfort läuft bis zum 13. Oktober 2016. Bis dahin öffnet die Kulturkirche Ost dienstags bis samstag von 17 bis 20 Uhr.
Hong Lei auf Wikipedia (Englisch).
Aktuelle Infos und Terminhinweise finden Sie auf der Facebook-Seite der Kulturkirche Ost.