Ausstellung
Auf großem Fuß — Doppelausstellung Detlev van Ravenswaay & Jörg W. Schirmer

„Zu neuen Horizonten“ brachen die Künstler Detlev van Ravenswaay und Jörg W. Schirmer in ihrer Doppelausstellung auf: der eine als Überwinder von Zeit und Raum, der andere im Spiel mit der Perspektive.
Die Raumfahrt ist etwas aus der Mode gekommen in den letzten Jahren. Allzu viele stellen die ketzerische Frage, wozu sie denn gut sei. Der Aufwand riesig, der Ertrag – zumindest für den Laien überschaubar. Und besonders spritsparend ist so ein Space Shuttle auch nicht. In den 60er und 70er Jahren, als die Menschheit den kleinen Schritt auf den Mond machte, da blühten die Träume von der Eroberung fremder Galaxien weit jenseits der unseren, da flimmerte das „Raumschiff Enterprise“ über die Mattscheiben, und Stanley Kubrick inszenierte sein Science-Fiction-Epos „2001“ – und angeblich auch die Mondlandung. In dieser Zeit entstand das „Space Art“-Genre, dessen bekanntester verbliebener, konkret: meist gedruckter Vertreter weltweit Detlev van Ravenswaay ist.
Leider erwischte den Meister kurz vor der Vernissage eine raumgreifende Grippe, so dass zur Ausstellungseröffnung nur seine Bilder anwesend waren. Diese zeigten van Ravenswaay als ungemein vielseitigen Maler, der sich für weit mehr interessiert als „nur“ die unendlichen Weiten von Raum und Zeit. Neben einem standesgemäßen Kosmonauten zierten Bilder aus der Serie „Multihorizonte“ – außergewöhnlich farbstarke Abstraktgemälde – und eine Reihe markanter „Köpfe“ (so der Titel der zweiten Serie) die grau melierten Wände der Kulturkirche – darunter Wilhelm Beuys, Gerhard Richter und Andy Warhol. Mehr stilistische und thematische Unterschiedlichkeit in einer Ausstellung geht kaum, sollte man meinen.
Aber weit gefehlt: Nicht nur Ravenswaay, sondern auch Jörg W. Schirmer machte sich auf „Zu neuen Horizonten“ und erweiterte die Gemäldekollektion seines Kollegen um Skulpturen in allen erdenklich Farben, Formen und Formaten – von westentaschen- bis überlebensgroß. „Der Künstler mit den großen Füßen“ nennt sich der Lüpertz-Schüler selbst augenzwinkernd auf seiner Website, meint damit aber freilich nicht seine eigenen Quadratlatschen, sondern die seiner Figuren. „Ich hab schon als Schüler im Kunstunterricht angefangen, extreme Perspektiven zu zeichen“, erzählte er. „Aber damals war das nur im Raum. Diese speziellen Ansichten auf die menschliche Gestalt anzuwenden, das kam später an der Akademie dazu.“
Thematisch changiert Schirmer zwischen Klassik und Moderne. Bedächtig schreitende und nachdenkliche Figuren begegnen einem Trapezartisten, der von der Kirchenspitze baumelt, oder einem liegenden Riesen, der alle Viere von sich streckt. Letzterer ist aus Holz, die meisten anderen Skulpturen fertigt Schirmer aus Bronze, das er grob abschleift und – ganz Kind der 80er Jahre – gern mit grellen Neonfarben überstreicht. „Skulpturen haben einen großen Vorteil gegenüber Gemälden“, sagt Schirmer. „Man kann sie aus verschiedenen Richtungen betrachten und hat jedes Mal ein neues Bild. Deshalb müsste man sie eigentlich alle auf kleine Drehteller mit Elektromotoren stellen.“
Und noch etwas hat Schirmer seinem Kollegen Ravenswaay voraus: Im Gegensatz zur Raumfahrt kommen Füße nie aus der Mode.
Zur Website von Detlef van Ravenswaay
Zur Website von Jörg W. Schirmer
Aktuelle Infos und Terminhinweise finden Sie auf der Facebook-Seite der Kulturkirche Ost.