Weihnachtsessen
Bankett für Bettler und Banker — "Auslöffeln der Kunstsuppe für Arme und Reiche"

Zu einem gemeinsamen Weihnachtsessen der besonderen Art kamen Bedürftige und Betuchte in der Kulturkirche Ost zusammen. Geladen hatte der Aktionskünstler HA Schult.
„Was haben Bettler und Banker gemeinsam? Beide nehmen sie unser Geld“, brachte es Kölns bekanntester Objekt- und Aktionskünstler HA Schult gewohnt spitz formuliert auf den Punkt. Beide Gesellschaftsgruppen, die besser Verdienenden und die armen Menschen, kamen am Vorabend des Weihnachtsfestes in der Kulturkirche Ost zusammen. Unterstützt von der GAG hatte HA Schult sie im Rahmen der Finissage seiner Ausstellung CASA UTOPIA & CASA COLONIA in das denkmalgeschützte Gotteshaus in Buchforst zum Weihnachtsessen eingeladen.
Die Veranstaltung im stilvollen Ambiente trug den Untertitel „Auslöffeln der Kunstsuppe für Arme und Reiche“. Beim Betreten des Kirchraums fiel der Blick ganz automatisch gen Kanzel, über der ein übergroßer „Diktator“ thront: Charlie Chaplin in seiner satirischen Darstellung von Adolf Hitler, den HA Schult in einem übergroßen Siebdruck abgebildet hat. Ihm sei es schon immer ein Anliegen gewesen, „die Menschen wachzurütteln“, erklärte der seit den 1960er Jahren nie unumstrittene Kölner Künstler. „Gerade zur heutigen Zeit ist Adolf Hitler präsenter denn je“, betonte er, und man müsse alles daran setzte, den Menschen die Gefahr einer Diktatur in Erinnerung zu rufen.
Nach der Begrüßung wurde mit dem „Auslöffeln der Kunstsuppe“ begonnen, die sich als künstlerisch angerichtetes Mahl präsentierte und dazu noch köstlich schmeckte. HA Schult und den Organisatoren war es wichtig, dass alle ihren Sitzplatz frei wählen konnten. So wollte man sicherstellen, dass sich Wohnungslose und Bessergestellte an einem Tisch zusammenfinden. Was auch bestens funktionierte: Für Nachzügler, die etwas später zu der geselligen Runde stießen, war nicht ersichtlich, an welchem Tisch nun welche Personengruppe platziert war. „Dat weiß mer nit esu jenau“, sagte ein Gast lächelnd. Auf die Frage, ob er denn nun Banker sei, lächelte er noch etwas mehr und löffelte verschmitzt seine Suppe. Eine Antwort gab er nicht.
Für die ehrenamtliche Bewirtung der Gäste zeichneten an diesem Abend die Freunde des Zollstocker Dienstagszugs verantwortlich. Drei festliche Gänge servierten die freiwilligen Helferinnen und Helfer. Nach der schmackhaften Suppe folgte ein Klassiker: Schweinbraten, braune Soße, Rotkohl und Klöße. Spätestens jetzt wurde jeglicher soziale Unterschied im wahrsten Sinn des Wortes vertilgt. Man schlemmte, lachte und befeuchtete die Kehlen für den im Anschluss angekündigten Gesang. Neben klassischen Weihnachtsliedern wie „Oh du Fröhliche“ und „“Alle Jahre wieder“ gab Sänger Kurt Kurtius „What a wonderful World“ zum Besten – inklusive Trompeten-Solo, das die klangvolle Akustik des Kirchenraumes ausnutzte.
Dann folgte ein improvisiertes Duett: Kurt bat den Busfahrer Rolf auf die Bühne. Der hatte am Vormittag zufällig im Gespräch mit seinen Fahrgästen von der „Kunstsuppe“ erfahren und sich spontan zur Mithilfe bereit erklärt. Ganz der Profi, sammelte er einige bedürftige Menschen mit dem Bus in ganz Köln ein, beteiligte sich an der Bewirtung der Menschen – und hatte in weiser Voraussicht seine Trompete eingepackt. Gemeinsam gaben Rolf und Kurt weitere Klassiker zum Besten. Spontanes Schunkeln war die Folge, Arme und Reiche hakten sich ein, der Duft von Bratäpfeln und Marzipan durchzog die Kulturkirche Ost.
Zum Schluss lud GAG-Mitarbeiter und Hauptorganisator Dirk Kästel die Wohnungslosen und Bedürftigen zur Bescherung ein: GAG, AWB, KVB und viele weitere Spender hatten für Geschenke gesorgt: Lebensmittel, Getränke, aber auch warme Decken wurden verteilt. „Sucht euch eure Lieblingsfarbe aus“, sagte Kästel freundlich.
Am Ende eines im besten Sinne des Wortes weihnachtlichen Abends verließen Wohnungslose, Arme, besser Gestellte und Reiche gemeinsam den Kirchenraum. „Mer stonn zesamme“ – auch irgendwie typisch Kölsch.
Zur Website der Casa Utopia
Zur Website des Vereins „Kunst hilft Geben“
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