Streetart zur Quartiersentwicklung
Murals an GAG-Fassaden
Die Konzepte hinter den Murals bei der GAG erläutert Stefan Gisder, Mitarbeiter im Sozialmanagement der GAG, im Interview.
Highlight in der Südstadt
„Heidewitzka, Herr Kapitän“: Wem dieser Refrain beim Gang über den Karl-Berbuer-Platz bislang noch nicht durch den Kopf schoss, erhält nun einen deutlichen Hinweis auf das bekannte Lied und den Namensgeber des Platzes. Ein fünf Stockwerke hohes Mural und weitere Darstellungen zeigen dort seit Dezember 2018 das Konterfei des Kölner Komponisten sowie Noten, Textzeilen und Motive des von ihm besungenen „Müllemer Böötchen“.
„Dabei war es von Anfang an die Idee, ein besonderes und modernes Fassadenkunstwerk umzusetzen, das sich über zwei Wohnhäuser erstreckt. Damit wollten wir dem Ort eine stärkere Identität verleihen und neben den Gebäuden die Zugänge zum Platz attraktiver gestalten“, erläutert Stefan Gisder vom GAG-Sozialmanagement, der das Projekt zusammen mit seiner Kollegin Linda Olschowka konzipierte. „Die Besucher sehen nun eine weithin sichtbare Landmarke, die sie freundlich begrüßt.“
Bei der Suche nach Kreativen, die eine solche Idee umsetzen, wurde die GAG beim Künstlerkollektiv „Highlightz“ fündig. Die aus Köln und Bonn stammende Gruppe um Simon Horn und Stefan Vogt-Thomas hat eine Rastertechnik entwickelt, die fotorealistische Abbildungen auf Fassaden ermöglicht. „Das Besondere daran: Das Bild wird grob in Streifen zerlegt, so dass die Abbildung für den Betrachter erst mit ein wenig Abstand erkennbar wird“, erklären die Künstler. „Außerdem war unser Ziel, das Statische der Gebäude durch verschiedenfarbige Ebenen und Licht aufzulösen“, so die Künstler weiter. Zudem wurden die Rollläden im Erdgeschoss in die Gestaltung integriert. Dadurch ist ein lebendiges Motiv entstanden, das sich durch Schließen und Öffnen der Rollläden verändert.
Innerhalb von drei Wochen ist so auf insgesamt 235 Quadratmetern Wandfläche ein echter Hingucker in der Kölner Südstadt entstanden.
Erfahren Sie mehr über das Künstlerkollektiv „Highlightz“.
Müngersdorf wird blau
Murals als Gesprächseröffner: Schon von Weitem fallen die beiden blauen Murals an der Widdersdorfer Straße auf. Das eine zeigt eine Frau und erinnert mit seinen geometrischen Formen an eine Illustration. Wie ein Gemälde wirkt hingegen das andere Wandbild – ein lesender Mann, der in seine Zeitung vertieft ist. Gemalt wurden die Kunstwerke vom Künstler-Paar Tictone & Taroe aus Frankreich im Rahmen des Kunstfestivals „CityLeaks“ im Herbst 2019.
In elf Tagen verwandelten die beiden die 300 Quadratmeter großen Wandflächen in zwei riesige Gemälde. Auch wenn sie auf den ersten Blick vor allen Dingen dekorativ wirken, haben sie eine gesellschaftliche Botschaft. „Ich reise viel und habe festgestellt, dass Frauen in vielen Gesellschaften im Hintergrund stehen. Deswegen will ich überall große Frauen hinmalen und dann mit anderen Frauen über ihre Rolle diskutieren“, erläutert Tictone die Idee hinter ihrer Malerei. Ihre Frauengestalt an der Wand stellt den Auftakt einer Motivserie „großer Frauen“ dar, mit denen Tictone weltweit Fassaden verzieren möchte. Eine weitere Frauenfigur in ähnlichem Stil ist mittlerweile in der französischen Stadt Toulouse zu bewundern.
Um Kommunikation geht es auch ihrem Partner Taroe. Er sucht einen länderübergreifenden Dialog. „Ich fange alltägliche Situationen ein und fixiere sie in einem Kunstwerk in einem anderen Land“, so der Künstler. Das Bild des lesenden Mannes, das er an der Widdersdorfer Straße angebracht hat, ist einem Foto nachempfunden, das er in Hongkong gemacht hat. Auch in Köln hat er während seines Aufenthaltes Fotos gemacht, die ihm wiederum als Vorlage für Fassadenbilder in anderen Ländern dienen werden.
Der Gedanke des Austausches macht die Kunstwerke interessant für die GAG. „Für uns geht es bei den Murals immer auch ums Zusammenleben und um die Nachbarschaft“, so Stefan Gisder, der als Projektleiter die Arbeit betreute. Kunst ist für die GAG ein Mittel zur Quartiersentwicklung. Die Werke regen zum Nachdenken und Diskutieren über das Wohn- und Lebensumfeld an. Gleichzeitig schaffen sie Identifikation mit dem eigenen Wohnquartier.
Tina Tictones künstlerisches Schaffen zeigt sich in vielfältiger Weise: Sie schreibt, illustriert, komponiert und ist Gründungsmitglied des Pariser Street Art Festivals „Top to bottom“. Ihr Partner Taroe hat seine Wurzeln im Graffiti. Er schafft sowohl figurative Kunstwerke (wie an der Widdersdorfer Straße) als auch beeindruckende abstrakte Malereien und ist an der Leinwand ebenso aktiv wie auf Fassaden.
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Graffiti-Mondrian
Mural in Ehrenfeld: „Das sieht ja aus, als ob Mondrian hier ein Bild gemalt hätte“, sagte ein kunstbeflissener Nachbar, als er das fertige Wandgemälde sah. Sein Blick täuschte ihn nicht. Zedz, der verantwortliche Künstler, stammt nicht nur wie Piet Mondrian aus den Niederlanden, sondern nennt den berühmten Maler als eine wichtige Inspirationsquelle. Zu sehen ist das abstrakte Kunstwerk an einem Wohnhaus an der Leyendeckerstraße in Köln-Ehrenfeld. Entstanden ist es im Rahmen einer Kooperation der GAG mit dem Kölner Kunstverein Artrmx im Sommer 2019.
Schon während der Arbeit zogen die geometrischen Formen und bunten Pastelltöne die Blicke an. Mittlerweile hat das Wandbild seinen festen Platz in der Mural-Landschaft von Ehrenfeld. Es wurde zigmal fotografiert und in den sozialen Medien geteilt. So holte eine ältere Passantin sofort ihr Smartphone heraus, fotografierte es und schickte es an ihre Tochter nach Australien, die ein großer Fan von Street Art ist.
„An dem Werk lässt sich gut sehen, wie solche Projekte auch neue Impulse für die Nachbarschaft setzen können“, erläutert Stefan Gisder vom Sozialmanagement der GAG, der die Arbeit begleitete. „So sagten einige Bewohner, dass sie jetzt hier einen richtig schönen Platz hätten, um sich zu treffen und gemeinsam zu grillen. Dabei hat sich im Prinzip außer der Farbe an der Wand nichts geändert“, schmunzelt Stefan Gisder und ergänzt: „Aber solche Reaktionen bestätigen uns als GAG darin, dass durch Kunst an den Fassaden unserer Häuser die Wahrnehmung des eigenen Wohn- und Lebensumfeldes angeregt und positiv verändert wird.“
Zedz gehört zu den Graffiti-Künstlern der ersten Stunde in Amsterdam. Er ist mit seinen Werken weltweit im öffentlichen Raum vertreten. So finden sich seine Murals und Graffiti unter anderem in Frankreich, Italien, Japan, Russland oder der Karibik. Sein Wandbild an der Leyendeckerstraße wurde von der Kunstagentur „Street Art Today“ unter die besten Murals 2019 weltweit gewählt.