Wie hilft Streetwork bei schwierigen Wohnsituationen?
Erste Schritte in der "Trainingswohnung" — Das Leben in vier Wänden wieder lernen

„Erst einmal eine Wohnung, dann schauen wir weiter.“ So lässt sich das Prinzip der Trainingswohnung beschreiben. Seit Anfang 2019 bietet die GAG eine Wohnung in Chorweiler an, in der Klienten aus schwierigen Wohnsituationen üben können, wieder unter einem festen Dach zu schlafen und zu leben. Während einer sechsmonatigen Trainingsphase begleiten die GAG-Streetworker diese Menschen auf dem Weg zu einem geregelten Leben.
Menschen wie Jan. Der Mittzwanziger verlor früh seine Eltern. Seit seinen Jugendjahren bestimmten wechselnde Pflegefamilien, Jugendheime und später Wohnungslosigkeit sein Leben. Zuletzt schlief er in einer Hundehütte in einem Schrebergarten. „Menschen wie Jan brauchen zuallererst eine Wohnung, eine Basis. Diese gibt ihnen Sicherheit, Strukturen und auch ihre Würde zurück. Ohne diese Sicherheit und Strukturen können sie nicht ihre Probleme angehen“, sagt der Streetworker Hassen Fakhir, der das Konzept entwickelte und nun betreut. Während seiner täglichen Arbeit erkannte er, dass es Menschen wie Jan gibt, die mit so einer Chance wieder auf die Beine kommen könnten.
Ein kleiner Wohnbereich mit Küche, ein Schlafraum, ein Badezimmer und ein großer Flur, die Trainingswohnung ist funktional eingerichtet. Hassan Fakhir hat einen Schlüssel für die Wohnung und kann jederzeit vorbeischauen. Schlaf- und Badezimmer aber sind tabu für ihn. In der Wohnung muss Jan sich an feste Regeln halten, die kontrolliert werden. Es gibt einen Reinigungsplan und einen Müllplan. Vor einer Testphase besprechen er und der Streetworker seine Probleme. Schaffe ich es, Behördentermine einzuhalten und einen geregelten Tagesablauf zu gestalten? Wie gehe ich die Suchtproblematik an? Wie komme ich aus der Schuldenfalle heraus? Gibt es Möglichkeiten, eine Ausbildung zu machen oder arbeiten zu gehen? Die Antworten werden als Ziele festgelegt. Nur wenn die Ziele erreicht werden, kann Jan nach Ablauf der Testphase auf eine eigene Wohnung hoffen. Zeigen sich positiven Entwicklungen, kann die Testphase verlängert werden, selbst wenn noch nicht alle Ziele erreicht wurden.
„Jan hatte den Willen, etwas zu verändern. Aber er kam aus dem Teufelskreis nicht raus. Durch die Wohnung hatte er nun seinen Kopf frei, um sich um seine Dinge zu kümmern.“ Jan war komplett aus dem System ausgeschlossen. Er erhielt keine Leistungen, war nicht im Jobcenter registriert und hatte keinen Führerschein mehr. Mit der Wohnung und der Hilfe des Streetworkers im Rücken fasste er schnell Fuß. Er bekam einen Ausbildungsplatz und lernte eine Frau kennen, zu der er nach ein paar Monaten zog. Ein Risiko. Die Beziehung ging in die Brüche. Wieder drohte die Straße. Doch nun schaffte es Jan, sich selbst eine eigene Wohnung in Köln zu organisieren. Seine Ausbildung führt er fort. Ohne die Trainingswohnung wäre dies unmöglich gewesen.
Zurzeit wohnt der zweite ehemalige Obdachlose in der Trainingswohnung. Die sichtbaren Erfolge veranlassen die GAG, das Programm fortzusetzen.