Kunst zu den Menschen bringen
Raum für Augen, Ohren und die Seele
Kulturkirche Ost
Sie hat sich zu einem Geheimtipp für Kulturliebhaber im Rechtsrheinischen entwickelt: die Kulturkirche Ost. Seit 2012 finden in Buchforst neben Gottesdiensten der evangelischen Kirchengemeinde vielfältige, von der GAG organisierte Veranstaltungen statt – mehr als 30 alleine im Jahr 2019.
Wortakrobaten, Jazzvirtuosen, Bildschaffende, Philosophen und auch GAG-Bewohnerinnen und -Bewohner zeigten ihre Kunst in der futuristisch wirkenden Pyramide, die von den Architekten Georg Rasch und Winfried Wolsky gestaltet wurde. Und auch Cineasten kamen auf ihre Kosten.
Bilder zu Flucht, Riphahn und Chorweiler
In den Ausstellungen setzt sich die Kulturkirche Ost immer wieder mit gesellschaftlichen Themen auseinander. So zeigte die Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ in 30 Fotografien bewegend, was Leben auf der Flucht bedeutet. Im Audioguide zur Ausstellung sagte die Schriftstellerin Tanja Dückers: „Was wir derzeit erleben, ist keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Verantwortung und der Solidarität.“
Eine ebenso spannende Fotoausstellung bildete das Wirken des Kölner Städtebauers und Architekten Wilhelm Riphahn ab, der immer wieder für die GAG tätig war, wie in der Weißen Stadt oder im Blauen Hof in Buchforst. Die historischen Aufnahmen von Werner Mantz und Hugo Schmölz machen Riphahns Einfluss bis in die Gegenwart anschaulich.
Aber auch die Bilder der Jugendgruppe des „Seeberger Treffs“ in Chorweiler fanden ihren Weg nach Buchforst. Auf großformatigen Gemälden zeigten zwölf Jugendliche bei dem Projekt „Köln ist meine Familie“ ihr Chorweiler.
Weitere Ausstellungen präsentierten unter anderem Werke von Irmel und Felix Droese, Porträts der Frankfurter Malerin Alexandra Birschmann, Gemälde von Bettina Mauel, Jo Oberhäuser & Dmitrij Dihovichnij sowie Hendrina Krawinkel oder die Polit-Arche von der Künstlergruppe Barrio Latino, die sich mit einer globalisierten Ökonomie, Ausbeutung und Zerstörung der Erde auseinandersetzt.
Futter für die Ohren
Nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren bekamen in Buchforst Futter. Klaus, der Geiger, und Marius Peters entfalteten ihr Generationen übergreifendes Verständnis von Jazz (die beiden Musiker trennt ein Altersunterschied von 50 Jahren) und bewiesen, dass Jazz durchaus politisch sein kann.
Weniger politisch, aber dennoch virtuos verbanden Schlagzeugerlegende Willy Ketzer und sein Partner Tobias Sudhoff Jazz-, Pop- und Wortspiel in ihrem Programm „Am Grab gibt’s keine Steckdose“.
Weitere grandiose Jazzauftritte lieferten unter anderem Jose Enrique Chirinos, das Giotto Roussies Trio oder Mark Gierling & Band.
Eine französische Variante des Jazz, den Chanson, zelebrierte das Sextett Saitomortale. Frontmann Jürgen Domscheit formuliert den musikalischen Ansatz so: „Wir möchten Sie an unserem Leben teilhaben lassen. Wir möchten Geschichten erzählen, wie sie das Leben schreibt.“ Das Publikum hörte gebannt zu.
Freunde des Chorgesangs fanden sich in der Kulturkirche Ost zum Chorkonzert „La Nuit“ der deutsch-französischen Chöre Köln und Aachen oder bei den Chören Funtasia und Go East Gospel ein.
Humor und Haltung
Wer nur den Klängen des gesprochenen Wortes lauschen wollte, folgte dem „Unglaublichen Heinz“. Der Comedian und gelernte Mediziner Heinz Gröning philosophierte in seinem Programm „Jammern verboten“ über die allgegenwärtige Klagelust in unserer Gesellschaft. Ob Markus Melchers seinen Vortrag als „philosophieren“ bezeichnen würde, ist schwer zu sagen. Der Philosoph Markus Melchers beschäftigte sich mit den Fragen: „Was ist Natur?“ oder „Was ist Aufmerksamkeit?“
Das Vorstadtkino
Eine fortlaufende Programmreihe bildet das sogenannte Vorstadtkino. Unter dem Titel laufen über das Jahr hinweg anspruchsvolle Arthouse-Filme wie „In einem Jahr mit 13 Monden“ von Rainer Werner Fassbinder oder der Defa-Film „Die Schlüssel“ von Egon Günther. Um nur einige zu nennen.
Das gesamte Programm und kommende Veranstaltungen finden Sie auf der Internetseite der Kulturkirche Ost oder bei Facebook.
50765 Chorweiler – Das Dorf der hohen Häuser
Fast jeder Kölner hat ein Bild von Chorweiler in seinem Kopf. Hochhausschluchten, Kriminalität, Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt. Vieles ist Klischee.
Die Fotografen Lucie Ella, Martin Oloff und Peter Lindemann nahmen sich im Auftrag der GAG mehr als anderthalb Jahre Zeit, der Realität in Chorweiler näherzukommen. Dafür sind sie tief in das Leben zwischen den Häuserschluchten eingetaucht, trafen die Bewohnerinnen und Bewohner und sprachen mit ihnen über deren Vorstellungen von ihrem Veedel. Es ging darum, die Geschichten der Menschen vor Ort zu finden und ihnen nicht die eigenen Vorurteile überzustülpen. Entstanden ist ein zärtlicher wie wacher Blick auf die Menschen und ihren Stadtteil. Authentisch und unverstellt berichten junge und alte Einwohner von der inneren Welt ihres „Dorfes“.
Negatives Image abbauen
So zeigt ein Bild sechs junge Menschen, die in der Dämmerung auf einem Spielplatz auf einer Tischtennisplatte sitzen und diskutieren. Es sind Teilnehmer des Debattierclubs, der von der GAG unterstützt wird. Auf einem anderen Bild gießt eine Frau die Blumenpracht auf ihrem Balkon. Aber auch weniger Romantisches wie der Blick auf die Essensausgabe der Chorweiler Tafel findet sich in den Fotos. „Wir wollten das negative Image, mit dem der Stadtteil Chorweiler behaftet ist, abbauen“, kommentierte Sabine Klein, Leiterin des Sozialteams im Quartierszentrum Chorweiler der GAG, das Ziel des Fotoprojekts.
Chorweiler nach Köln bringen
Das Ergebnis des von der GAG finanzierten Fotoprojekts war als Ausstellung ein Jahr lang auf Tournee. Diese führte die Fotos von Chorweiler und Ehrenfeld über Kalk und die Südstadt bis zur Finissage in der Kulturkirche Ost in Buchforst. Das Vorhaben, „Chorweiler nach Köln zu bringen“, wie es der Fotograf Martin Oloff formulierte, war geglückt.